Weiteres christliches Kloster in den Vereinigten Arabischen Emiraten entdeckt

Ein altes christliches Kloster wurde an der Küste der Insel Al Sinniyah in der Nähe der Vereinigten Arabischen Emirate ausgegraben, berichteten lokale Beamte am Donnerstag, 24.11.22. Das Kloster befindet sich etwa 50 Kilometer nordöstlich des geschäftigen Dubais.

Die Ruinen der Klosteranlage Sir Bani Yas sind rund 170 Kilometer von der Hauptstadt Abu Dhabi entfernt und seit Juni 2019 öffentlich zugänglich. mehr Informationen

Das Kloster an der Küste der Insel Al Sinniyah ist ebenfalls ca. 1400 alt und existierte vor der Ankunft des Islams. Auf der Insel wurden eine Kirche, ein Refektorium, Wasserzisternen und Mönchszellen gefunden. Das Kloster dürfte um 580 gegründet worden sein und bis gegen 800 bestanden haben.

Beamte glauben, dass das Kloster auch Teil des 1775 gegründeten Scheichtums Umm al-Quwain war.

Die Gestaltung des Klosters deutet darauf hin, dass die frühchristlichen Gebetsgottesdienste in einem einschiffigen Heiligtum abgehalten wurden.

Wissenschaftler glauben, dass die emiratischen Christen allmählich ihren Glauben aufgegeben haben und zum Islam konvertierten, als dieser sich als Hauptreligion etablierte.

Der außerordentliche Professor für Archäologie an der Universität der Vereinigten Arabischen Emirate, Timothy Power, der das Kloster entdeckte, sagte, die religiöse Vielfalt, die es verkörpere, spiegele die heutige Gesellschaft der VAE als „Schmelztiegel der Nationen“ wider.

„Die Tatsache, dass hier vor 1.000 Jahren etwas Ähnliches geschah, ist wirklich bemerkenswert, und dies ist eine Geschichte, die es verdient, erzählt zu werden“, sagte Power.

Power bestand darauf, dass Christen und Muslime in der Region 300 Jahre lang friedlich zusammenlebten. „Der Ort wurde langsam verlassen. Es gab keine Anzeichen von Verwüstung, Gewalt oder Brand. Es gab schrittweise kulturelle und soziale Veränderungen, als das Christentum verschwand und der Islam dominant wurde. Es ist ein Denkmal für Toleranz und eine multireligiöse Gesellschaft“, meint Power.

Das Kloster auf Sir Bani Yas wurde bereits 1992 entdeckt. Es dürfte nach Auskunft der Archäologen von 30 bis 40 Mönchen bewohnt worden sein. Die Klosterkirche war zunächst einschiffig, dann dreischiffig. Im Gegensatz zur nun entdeckten Anlage von al-Sinniyah, wo Einzelzellen für die Mönche vermutet werden, gab es auf Sir Bani Yas ein Dormitorium, einen gemeinsamen Schlafsaal der Mönche. Das könnte auf unterschiedliche Mönchstraditionen hinweisen. Die Wissenschaftler vermuten, dass es sich jedoch da wie dort um nestorianische Mönche handelte. Ein Nachweis dafür lässt sich derzeit aber nicht erbringen. Die Vermutung gründet primär auf dem Wissen, dass das nestorianisch beeinflußte Patriarchat von Seleukeia-Ktesiphon, das sich Ende des 5. Jahrhunderts von der Reichskirche abspaltete, von Mesopotamien aus eine intensive Missionsarbeit leistete, die sie erfolgreich bis nach Indien und über Zentralasien bis nach China und in die Mongolei führte.

Die Insellage der Klöster von al-Sinniyah und Sir Bani Yas dürfte es den Mönchen erlaubt haben, länger unter islamischer Herrschaft bestehen zu können, da Christen eine Kopfsteuer zu bezahlen hatten und in der Öffentlichkeit ihren Glauben nicht zeigen durften. Die meisten beim Auftreten des Islams in dessen Kernraum wohl schon zahlreichen Kirchen verschwanden dagegen schnell.

Die christliche Präsenz war vor allem im Hedschas und Südarabien stark, wo sich neben dem byzantinischen auch der aksumitische Einfluß geltend machte. Der König von Aksum bekehrte sich bereits um 350 und wurde Christ. Er wird von der äthiopisch-orthodoxen Kirche als Heiliger verehrt.

Während an der persischen Golfküste (Iran) frühchristliche Kirchen und Klöster schon länger bekannt sind, wurden ebensolche an der arabischen Golfküste erst in den vergangenen 35 Jahren entdeckt. Neben den beiden Klosterinseln in den Vereinigten Arabischen Emiraten wurden vorislamische Kirchenbauten auch in Bahrain, Kuwait und Saudi-Arabien gefunden. Im saudischen al-Dschubail (Provinz Schariqiyya), zwischen Katar und Kuwait gelegen, entdeckten Wüstenwanderer 1986 eine Kirchenruine aus dem 4. Jahrhundert. mehr Informationen

Auch in Bahrain wurde ein Kloster unter den Fundamenten einer zerstörten Moschee gefunden. Ein Team von Archäologen hat Teile eines christlichen Klosters oder Bistums entdeckt, welches unter den Ruinen einer alten Moschee (im Bild) aufgetaucht sind. Die Stätte scheint zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert zu datieren und könnte ein weiteres wichtiges Element sein, um Licht auf das christliche [vorislamische] Erbe der Region und des gesamten Golfs zu werfen. In den letzten drei Jahren wurden Ausgrabungen unter einer 300 Jahre alten Moschee durchgeführt, die sich auf einem muslimischen Friedhof auf der Insel Muharraq befindet. Salman Al-Mahari, Direktor für Museen und Antiquitäten bei der Kultur- und Antiquitätenbehörde von Bahrain, betont, dass „es für das Land sehr aufregend sein wird, greifbare Beweise einer christlichen Präsenz“ aus dem ersten Jahrtausend unter „einer Moschee“ zu entdecken.

Gegen Ende des letzten Jahres hat dasselbe Team alte christliche Relikte ausgegraben, darunter glasierte Keramik mit dem Zeichen eines kleinen Kreuzes und Steinartefakte. Bevor das Kreuz gefunden wurde, gab es trotz der vielen historischen Aufzeichnungen und der Namen einiger Gebiete, einschließlich eines Dorfes namens Dair, was auf Arabisch „Kloster“ bedeutet, keine anderen physischen Beweise für die Ausbreitung des Christentums auf der Insel.

Bis über den Zweiten Weltkrieg hinaus ging man davon aus, dass der Osten der arabischen Halbinsel vom Christentum nicht berührt worden sei. Nun entsteht durch die jüngsten archäologischen Entdeckungen ein anderes Bild.

Heute machen Christen etwa 12 % der 10 Millionen Einwohner der VAE aus, während Juden etwa 3.000 zählen.

Neben den Vereinigten Arabischen Emiraten ist Bahrain ein Ort der religiösen Toleranz im überwiegend muslimischen Nahen Osten. Dort steht die größte katholische Kirche auf der arabischen Halbinsel.

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